Max Beckmann – „Vierte Klasse II“ (1913)
Max Beckmann – „Vierte Klasse II“ (1913)
Ein frühes Meisterwerk zwischen Impressionismus und Expressionismus
Die Radierung Vierte Klasse II ist ein Schlüsselwerk an der Schwelle zwischen Beckmanns impressionistisch geprägter Frühzeit und seiner späteren expressiven Bildsprache. Sie zeigt, wie genau der Künstler soziale Realitäten beobachtete – und bereits vor 1914 die existenziellen Themen entwickelte, die sein Schaffen prägen sollten. Sie gehört zu den eindrucksvollen frühen grafischen Arbeiten Max Beckmanns (1884–1950). Das Blatt entstand noch vor den traumatischen Erfahrungen des Ersten Weltkriegs, die seinen Stil radikal verändern sollten.
Die originale Kaltnadelradierung (Platte: 19,7 x 14,7 cm, Blatt: 53 x 38 cm), von Beckmann eigenhändig rechts unter der Darstellung signiert, zeigt bereits die charakteristische Strenge und existenzielle Wucht seiner späteren Werke. Trotz der noch spürbaren Nähe zu impressionistischen Strömungen tritt hier bereits ein kritischer, fast schon sozial-analytischer Blick hervor: Beckmann beobachtet Menschen, hier die Reisenden der vierten Wagenklasse, und verleiht der Szene eine Mischung aus Unmittelbarkeit und Härte.
Künstlerische Entwicklung
Beckmann wurde 1884 in Leipzig geboren und studierte ab 1900 an der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar. Früh prägten ihn Einflüsse von Cézanne sowie die deutschen Impressionisten Liebermann, Corinth und Slevogt. Erste Auszeichnungen – darunter 1906 der Ehrenpreis des Deutschen Künstlerbundes – ermöglichten ihm Aufenthalte in Florenz und Paris.
Der Erste Weltkrieg brachte jedoch den Bruch: Beckmann meldete sich freiwillig als Sanitäter, erlitt jedoch einen psychischen Zusammenbruch angesichts der Grausamkeit des Krieges. Um 1916 schlug sein Stil vom impressionistischen Realismus in eine unverwechselbare, kraftvolle Sprache des Expressionismus um. In den 1920er Jahren erlebte er seinen internationalen Durchbruch.
Zwischen Ruhm und Verfemung
Mit Professuren in Frankfurt und Ausstellungen in Berlin, Paris und New York erreichte Beckmann große Anerkennung. Doch 1933 endete seine Karriere in Deutschland abrupt: Entlassung aus der Städelschule, 1937 zwölf Gemälde in der Propagandaausstellung „Entartete Kunst“. Einen Tag nach deren Eröffnung emigrierte er nach Amsterdam, 1947 folgte er einem Ruf in die USA.
Beckmann starb 1950 in New York – sein Werk gilt heute als eine der eindrucksvollsten künstlerischen Auseinandersetzungen mit den Brüchen und Abgründen des 20. Jahrhunderts.
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Max Beckmann (1884 Leipzig - 1959 New York) Titel: Vierte Klasse II Technik: Originale Kaltnadelradierung. Entstehungsjahr: 1913 Format Platte: 19,7 x 14,7 cm, Format Blatt: 53 x 38 cm. Signatur: Mit Bleistift rechts unter der Darstellung signiert. Werkverzeichnis: Hofmaier 58IIC, Gallwitz 40. Zustand: Sehr guter Zustand, sauberes Blatt, an der unteren linken Blattkante eine kleine geglättete Knickfalte.
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